Josef WINTERSTELLER, am 11. August 1910 in Oberalm bei Hallein geboren und katholisch getauft, war das einzige Kind des Ehepaares Rosa und Matthias Wintersteller. Josefs Vater war Hilfsarbeiter ohne festes Arbeitsverhältnis, ein sogenannter Taglöhner.

Er musste im Ersten Weltkrieg an der österreichisch-italienischen Front Kriegsdienst leisten. Er galt seit September 1917 als vermisst und wurde nach Kriegsende für tot erklärt. Die Witwe heiratete wieder und lebte seither in der Stadt Salzburg.

Ihr Sohn Josef konnte keinen Beruf erlernen. Er war seit seinem 15. Lebensjahr Hilfsarbeiter in Salzburg, wechselte häufig die Adressen und Arbeitsstellen und wohnte zumeist in Baracken. 1933 heiratete er in Salzburg eine Hilfsarbeiterin. Das Ehepaar hatte fünf Kinder, das jüngste wurde im Kriegsjahr 1940 geboren. Die Arbeiterfamilie wohnte in der Scherzhauserfeldsiedlung, einem Gemeindebau der Stadt Salzburg.

Das gemeinsame Leben war nicht von Dauer, da Josef WINTERSTELLER im Dezember 1940 zur Deutschen Wehrmacht einrücken musste und seit Oktober 1941 als Fernmelder an der »Ostfront« Kriegsdienst zu leisten hatte. Ende April 1942 bekam er drei Wochen Heimaturlaub. Danach unterließ er es, zu seiner Truppe nach Russland zurückzukehren.

Er war weder Nationalsozialist noch Regimegegner. Er war auch kein Held. Er wollte aber nicht wie sein Vater den Kriegstod erleiden, sondern lieber bei seinen Kindern sein. Doch das war ihm nicht vergönnt. Er wurde am 22. Juni 1942, etwa vier Wochen nach Urlaubsende, bei seiner Familie in Salzburg verhaftet.

Am 6. August 1942 stand Josef WINTERSTELLER in Salzburg vor einem Kriegsgericht der Division 1881, das sein Urteil »Im Namen des Deutschen Volkes!« wegen »unerlaubter Entfernung von der Truppe« fällte: 15 Monate Gefängnis. Er wurde aber noch während seiner Haft zwecks »Bewährung vor dem Feind« an die Front geschickt, mutmaßlich in den Osten.

Wir wissen nichts Konkretes über seine Strafeinheit, die im Vernichtungskrieg zum Bunker- und Stellungsbau oder zur Minenräumung und Leichenbergung eingesetzt wurde.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges galt Josef WINTERSTELLER als vermisst, weshalb er – wie schon sein Vater Matthias nach dem Ersten Weltkrieg – gerichtlich für tot erklärt wurde.

Jüngste Recherchen ergaben allerdings, dass er 33-jährig am 1. Juli 1944 in Danzig (polnisch Gdansk) an der Ostseeküste sein Leben verlor.

Die Todesumstände sind nach wie vor ungeklärt. Gewiss ist nur, dass er eine Frau und fünf Kinder hinterließ.

1 Kriegsgericht der Division 188 in Salzburg, Kajetanerplatz 2: Kriegsgerichtsrat Dr. Franz Pühringer als Ankläger und Kriegsgerichtsrat Dr. Heinrich Pitra als Richter

Quellen

  • Urteil des Kriegsgerichtes der Division 188
  • Archiv der Erzdiözese Salzburg
  • Stadt- und Landesarchiv Salzburg
Autor: Gert Kerschbaumer
Recherche: Esche Schörghofer

Stolperstein
verlegt am 21.09.2019 in Salzburg, Thomas-Bernhard-Straße

<p>HIER WOHNTE<br />
JOSEF WINTERSTELLER<br />
JG. 1910<br />
DESERTIERT MAI 1942<br />
VERHAFTET JUNI 1942<br />
„FRONTBEWÄHRUNG“<br />
TOT 1. 7. 1944</p>
Das Symbol der NS-Zivil- und Militärjustiz: Richtschwert mit Parteiadler und Hakenkreuz Urteil des Kriegsgerichtes der Division 188 1930 wurde inmitten von Wiesen die Scherzhauserfeldsiedlung erbaut
Foto: M. Kuhn, 1932

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