Rechtsanwalt Dr. Ernst LANGFELDER, geboren am 26. August 1892 in Wien, das jüngste Kind des jüdischen Ehepaares Katharina, geborene Engländer, und Jakob LANGFELDER, konvertierte im Jahr 1913 zum evangelischen Glauben (Augsburger Bekenntnis).
Seine Ehefrau Gertrude, evangelische Christin aus Gmunden, hatte aus ihrer ersten Ehe eine minderjährige Tochter, für die ihr Stiefvater sorgte.
Die Familie wohnte seit 1937 im Haus Pfeifergasse 4, das dem Komponisten Viktor Keldorfer gehörte. Dort befand sich auch die Kanzlei Dr. LANGFELDERs, der Mitglied der Salzburger Rechtsanwaltskammer war.

Im Mai 1938, nach der nationalsozialistischen Machtübernahme in Österreich, erhielt Dr. LANGFELDER Berufsverbot (Salzburger Rechtsanwaltskammer, Dr. Robert Lippert, 1938 kommissarischer Leiter).1 Die Familie hatte somit kein Einkommen mehr: Die »arische« Ehefrau eines Juden bekam keine Arbeitserlaubnis und ihr »arisches« Kind durfte nicht mit einem Juden im gemeinsamen Haushalt leben.

Dr. LANGFELDER sah sich daher gezwungen, Salzburg zu verlassen und in die Scheidung einzuwilligen. Hierauf erhielt seine Frau die Arbeitserlaubnis, um für sich und ihre Tochter sorgen zu können.
Die beiden lebten weiterhin in Salzburg, bis 1949 im Haus des Komponisten Viktor Keldorfer, der für die Zwangslage seiner Mieter viel Verständnis zeigte.

Dr. LANGFELDER wohnte seit Dezember 1938 bei seiner älteren Schwester Julia in Wien, zuletzt im 1. Bezirk, Dorotheergasse 6: Deportationsadresse von über 40 Jüdinnen und Juden – im Parterre des Hauses befindet sich nach wie vor das berühmte Café Hawelka.
Die Geschwister Julia und Dr. Ernst LANGFELDER wurden am 27. Mai 1942 – im »Transport Zug Da 204« etwa 1.000 Jüdinnen und Juden – in die besetzte Sowjetunion (Reichskommissariat Ostland) deportiert, am 1. Juni 1942 in Maly Trostinec bei Minsk ermordet.

Ludwig, der älteste der Geschwister LANGFELDER, beging am 13. März 1938 in Wien Suizid. Den jüngeren Geschwistern gelang die Flucht in die freie Welt, Fritz nach Australien und Grete Katz in die USA.
Das Grab ihrer Eltern befindet sich in der israelitischen Abteilung des Wiener Zentralfriedhofs.

Nach der Befreiung Österreichs konnte Dr. LANGFELDERs geschiedene Frau dank der Hilfe ihres Salzburger Rechtsanwalts Camillo Peyrer-Angermann und ihres Freundes Wilhelm Kaufmann, eines namhaften Kunstmalers aus Salzburg, den Beweis für die Zwangsscheidung unter dem NS-Regime erbringen und somit Opferfürsorge inklusive Rente in Anspruch nehmen. Gertrude LANGFELDER starb 1984 in ihrem Geburtsort Gmunden.

1 In Salzburg erhielten noch vier jüdische Rechtsanwälte Berufsverbot: Dr. Julius Pollak und sein Schwiegersohn Dr. Franz Grün, Makartplatz 8 (beide mosaisch, verheiratet, Exil Argentinien), Dr. Richard Weinberger, Lederergasse 4 (mosaisch, ledig, Exil Shanghai, Rückkehr nach Salzburg), Dr. Josef Weihs, Rainerstraße 2 (katholisch konvertiert, verheiratet mit einer Katholikin, zwei Kinder, unter dem NS-Regime in Salzburg).

Zu ergänzen ist, dass Rechtsanwalt Dr. Robert Lippert, 1938 als kommissarischer Leiter der Salzburger Rechtsanwaltskammer verantwortlich für die Berufsverbote, von 1945 bis 1947 im Camp M. W. Orr – genannt Glasenbach – inhaftiert war und 1958 im Magistrat Salzburg zum Senatsrat avancierte.

Autor: Gert Kerschbaumer

Stolperstein
verlegt am 21.07.2010 in Salzburg, Pfeifergasse 4

<p>HIER WOHNTE<br />
DR. ERNST<br />
LANGFELDER<br />
JG. 1892<br />
DEPORTIERT 1942<br />
MALY TROSTINEC<br />
ERMORDET 1.6.1942</p>
Meldeschein Dr. Ernst Langfelder und Bestätigung des Berufsverbotes der Salzburger Rechtsanwaltskammer

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