Die jüdische Familie GRINDLINGER, die aus Galizien, Österreich-Ungarn, stammt, wohnte seit 1918 in der Gemeinde Morzg bei Salzburg. Hier kam im Juni 1918 ihr viertes Kind, Henriette, zur Welt.

Nach dem frühen Tod des Vaters Josef GRINDLINGER1 im Jahr 1923 hatte die Witwe Regina als Handelsfrau allein für ihre Kinder Stella, Otto, Dorothea und Henriette zu sorgen.
Sie übersiedelten in die Stadt Salzburg und wechselten, wie bei armen Leuten üblich, mehrmals die Adresse. Die Kinder machten eine Handels- oder Handwerkslehre.

Otto wurde Handelsangestellter, Stella Büroangestellte und Dorothea Schneiderin, die ebenfalls im Kaufhaus S. L. Schwarz am Alten Markt arbeitete. Henriette, die jüngste, war noch Lehrmädchen, als die Familie im November 1935 ihren letzten Wohnsitz in Salzburg, Judengasse 17, 3. Stock, anmeldete.

Alle Familienmitglieder, die arbeiten mussten, um ihr Leben zu erhalten, verloren unter dem NS-Regime ihre Arbeitsplätze und wurden im November 1938, kurz nach der »Reichskristallnacht«, aus Salzburg vertrieben.
Reginas Sohn Otto war bis 28. November 1938 im KZ Dachau inhaftiert.
In Wien versuchte die Familie, die als »staatenlos« galt und wegen ihrer Herkunft Polen zugezählt wurde (Galizien war seit 1918 bei Polen), Visa für Großbritannien und die USA zu erhalten.

Gewiss ist, dass die Geschwister Otto, Stella und Henriette im April 1939 nach England flüchten konnten, und dass ihre 55-jährige Mutter, die offensichtlich kein Visum erhalten hatte, und ihre Tochter Dorothea, die ihre Mutter nicht allein lassen wollte, im nationalsozialistischen Wien zurückblieben und dort im 2. Bezirk, Leopoldstadt, Große Sperlgasse 31/21, Komödiengasse 1/14, zuletzt Große Mohrengasse 22/16, gemeldet waren.

Regina (Rifka) GRINDLINGER, geborene Bonus, geboren am 1. Oktober 1884 in Horodenka (Galizien), und ihre Tochter Dorothea (auch Dora oder nach ihrer Großmutter Dina genannt), geboren am 7. Jänner 1915 in Horodenka, wurden am 14. September 1942 mit dem Transport Nr. 41/524 in die besetzte Sowjetunion (Reichskommissariat Ostland) deportiert und am 18. September 1942 in Maly Trostinec bei Minsk ermordet.

Stella, verehelichte Reich, die für ihre Mutter und Schwester Gedenkblätter schrieb (Yad Vashem), starb 1983 in San Francisco. Otto, der schon 1940 in die USA emigrierte, während des Krieges in der US-Army war, starb 1976 in Oakland, County Alameda.

Henriette, verehelichte KRUH, die in England blieb, starb 2008 in London. Ihre Nachkommen leben in Kalifornien und England.

1 Josef (Isaak) Grindlinger, geboren 19. 7. 1880 in Stanislau, Galizien, Kaufmann, gest. 23. 12. 1923 in Salzburg (Jüdischer Friedhof in Aigen)

Autor: Gert Kerschbaumer

Stolperstein
verlegt am 22.06.2009 in Salzburg, Judengasse 17

<p>HIER WOHNTE<br />
DOROTHEA<br />
GRINDLINGER<br />
JG. 1915<br />
DEPORTIET 1942<br />
MALY TROSTINEC<br />
ERMORDET 18.9.1942</p>
Meldeschein der Familie Grindlinger

Alle Stolpersteine: Judengasse 17