Franz ROIDER, geboren am 18. Oktober 1895 in Kirchberg bei Mattighofen, war verheiratet und Eisenbahner im Verschubdienst.
Das nach österreichischem Recht in der Stadt Salzburg heimatberechtigte Ehepaar wohnte seit Mai 1938 im Gasthaus Ramsauer, Vogelweiderstraße 96, das die Ehefrau Therese als Pächterin führte und von Arbeitern und Eisenbahnern der vormals sozialdemokratischen Gemeinde Gnigl-Itzling frequentiert wurde.

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges verkehrte oder logierte dort ein polizeilich nicht gemeldeter Bauarbeiter, der in die Fänge der Gestapo geriet, die feststellte, dass Karl KOFLER ein Ausländer und überdies jüdischer Abstammung sei: Das Opfer überlebte die Terrorjahre nicht.

In unmittelbarer Nähe des Gasthaus Ramsauer wohnten politische Aktivisten und Vertrauensleute des Ehepaares Roider. Daher ergab sich, dass ihr Gasthaus als Anlaufstelle und konspirativer Treffpunkt der entlang den Bahnlinien bestehenden Widerstandsnetze fungierte. Schlüsselfigur der illegalen Aktivität war der vormalige Sozialdemokrat und Gruppenführer des Republikanischen Schutzbundes Anton SCHUBERT, Leiter der kommunistischen Ortsgruppe Gnigl und Mitglied der KPÖ-Landesleitung unter dem NS-Regime.

In dieser Funktion führte er mit Engelbert WEISS, dem Salzburger Landesleiter der Revolutionären Sozialisten Österreichs (RSÖ), Gespräche über ein Bündnis zwischen den konkurrierenden Gruppen des Widerstands, allerdings erfolglos.
Anzunehmen ist, dass die konspirativen Treffen im Gasthaus Ramsauer observiert wurden.

Bekannt ist jedenfalls, dass es der Gestapo mit Hilfe eines »Spitzels« (verdeckten Ermittlers) zu Beginn des Kriegsjahres 1942 gelang, die Widerstandsnetze der KPÖ und RSÖ aufzurollen und zu zerschlagen.

Mindestens 79 Aktivistinnen und Aktivisten, darunter 29 Eisenbahner aus beiden Widerstandsorganisationen in Stadt und Land kamen in Konzentrationslagern oder Zuchthäusern zu Tode.

Das Ehepaar Roider, das eine Kommunikationsfunktion ausübte, zählte zu der einen oder der anderen Widerstandsgruppe oder sympathisierte mit beiden, hatte auf beiden Seiten Freunde.

Gewiss ist, dass die Gestapo den 46-jährigen Eisenbahner Franz ROIDER, der Mitgliedsbeiträge an die RSÖ gezahlt habe, am 19. Jänner 1942 wegen Verdachtes der Betätigung für die illegale KPÖ verhaftete.
Im Gestapobericht heißt es, dass er am 25. Februar 1942 in der Haftanstalt Salzburg »Selbstmord durch Erhängen« verübt habe.

Die ebenfalls verhaftete Ehefrau Therese Roider, die angeblich beiden illegalen Gruppen Beiträge oder Geldspenden zukommen ließ, stand am 7. September 1943 in Salzburg vor Gericht.

Der Gasthauspächterin wurde im Juristendeutsch zur Last gelegt, »durch Überlassung ihres Gasthauses für Treffs und als Anlaufstelle für die illegale Kommunistische Partei und durch Überbringung von Beiträgen ihres Gatten für die Revolutionären Sozialisten als Gehilfin ein hochverräterisches Unternehmen vorbereitet« zu haben.
Dafür erhielt die Frau zwei Jahre und sechs Monate Zuchthaus.

Therese (Theresia) Roider überstand die Terrorjahre, hatte als politisch Verfolgte im befreiten Österreich Anspruch auf Opferfürsorge, heiratete wieder und starb 77-jährig in Salzburg.

Quellen

  • Stadt- und Landesarchiv Salzburg
  • Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW)
Autor: Gert Kerschbaumer

Stolperstein
verlegt am 13.07.2015 in Salzburg, Vogelweiderstraße 96

<p>HIER WOHNTE<br />
FRANZ ROIDER<br />
JG. 1895<br />
IM WIDERSTAND<br />
GESTAPO-HAFT 19.1.1942<br />
TOT 25.2.1942<br />
SALZBURG</p>
Gedenktafel für widerständige Eisenbahner in Gnigl Remise II (23. Jänner 1952), jetzt Salzburger Hauptbahnhof
Foto: Gert Kerschbaumer

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