Ida PETERMANN, am 29. April 1939 im tschechischen Kurort Karlovy Vary (Karlsbad) geboren und katholisch getauft, war seit 29. März 1940 in einem Kinderheim der »Gauhauptstadt« Salzburg in Pflege.1

Die nationalsozialistischen Behörden kannten zunächst nicht einmal das richtige Geburtsdatum des Kindes und rätselten außerdem über seine »Abstammung«: »angeblich« am 15. März 1939 in Salzburg geboren und »angeblich Jüdin oder Zigeunerin« – vermutlich ein Mädchen mit dunklem Teint.
Die Ermittlungen der Kriminalpolizei Salzburg ergaben erst gegen Ende des Kriegsjahres 1943, dass die kleine Ida ein »Zigeunerkind« sei.

Die Ermittlungen hatten sich in die Länge gezogen, weil auch die Identität der Kindesmutter Rätsel aufgab. Anzunehmen ist, dass Idas Mutter zum Schutz vor der Verfolgung durch die Polizei unter falschem Namen lebte, entweder den Familiennamen ihres ersten Partners Johann Walter, von dem sie sich getrennt hatte, oder den Namen ihres zweiten Partners Karl Weiß – der Vater der kleinen Ida – führte.

Laut den Ermittlungen der Kriminalpolizei hieß die Kindesmutter Sara Petermann, geboren am 28. März 1907 in Wolkenwehe, einem Ortsteil von Bad Oldeslohe in Norddeutschland.

Die unter dem NS-Regime aus der deutschen Stadt Kassel in die Tschechoslowakei und von dort in das ebenfalls besetzte Österreich geflüchtete Frau war im Juni 1939 in Salzburg verhaftet, nach Kassel abgeschoben und dort »zwangsaufenthaltsverpflichtet« worden.

Das Baby Ida, auch »Lolischei« genannt, war der verfolgten Mutter in Salzburg abgenommen und im städtischen Kinderheim Mülln, Bärengässchen 6, aufgenommen worden.

Als im Dezember 1943 die Identität der mittlerweile 4-jährigen Ida PETERMANN geklärt werden konnte, befand sich ihre Mutter bereits im »Zigeunerfamilienlager« Auschwitz-Birkenau (B II e), registriert unter dem Namen Sara Walter mit der Nummer Z-5808: ermordet am 6. März 1944.

Zu vermuten ist, dass auch Idas ältere Geschwister, angeblich drei, deren Namen und Daten nicht zur Gänze verifiziert werden können (Marie Walter, geboren am 4. März 1937 in Hameln an der Weser, Z-5812, ist vermutlich eines der Geschwister), in Auschwitz-Birkenau zu Tode kamen.

Gewiss ist allerdings, dass die Mutter Sara Petermann (Walter) noch lebte, als ihre Tochter Ida in Begleitung einer Pflegerin von Salzburg nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurde.

Im Polizeimelderegister der Stadt Salzburg steht folgender Abmeldevermerk: »15. 1. 44 Auschwitz i. Polen«.
Im »Hauptbuch« des »Zigeunerfamilienlagers« Auschwitz-Birkenau (B II e) ist der Zugang des vierjährigen Mädchens Ida PETERMANN schon am 14. Januar 1944 – demnach am Vortag der behördlichen Abmeldung in Salzburg – unter der Nummer Z-9751 registriert: Tod durch Gas, Hunger, Seuche oder Experimente des Arztes Dr. Josef Mengele.

1 Im städtischen Kinderheim Bärengässchen 6 (vormals Kinderheim der Barmherzigen Schwestern) waren auch die Kinder Anna PANGERL und Regina TUREK in Pflege, die unter dem NS-Regime in die »Heil- und Pflegeanstalt Am Spiegelgrund« eingewiesen und dort ermordet wurden.

Quellen

  • Stadtarchiv Salzburg
  • Opferdatenbank Auschwitz-Birkenau (Gedenkbuch Sinti und Roma im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau)
Autor: Gert Kerschbaumer

Stolperstein
verlegt am 06.07.2011 in Salzburg, Bärengässchen 6

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