Egon GOLLNER, am 3. April 1918 in Salzburg geboren und katholisch getauft, war das dritte von sechs Kindern des Ehepaares Anna und Rudolf Gollner.

Die in Salzburg heimatberechtigte Arbeiterfamilie wohnte seit 1917 im Stadtteil Parsch, Fürbergstraße 36, in einem Nebengebäude des ehemaligen fürsterzbischöflichen Weiherhofs.

Egon GOLLNER erlernte das Schlosserhandwerk. 20-jährig machte er seine ersten Erfahrungen in einer nationalsozialistischen Zwangsorganisation. Im August 1938 wurde er zum Reichsarbeitsdienst verpflichtet, zu Beginn des Zweiten Weltkrieges zum Dienst in der Deutschen Wehrmacht.

Er war Soldat eines im Wehrkreis XVIII (Salzburg) aufgestellten Gebirgs-Pionier-Bataillons. Im Mai 1940 kam er an die Front nach Frankreich, im November 1941 an die »Ostfront« nach Russland. Er hatte den Rang eines Obergefreiten, als er im Jänner 1944 schwer verwundet wurde und einen Genesungsurlaub in Salzburg erhielt.

Im Juli 1944 hätte er wieder zu seiner Truppe im »Osten« zurückkehren müssen. Er blieb jedoch zu Hause, wie aus dem Strafverfahren hervorgeht, das gegen ihn im September 1944 in Salzburg geführt wurde: »Hier war er seiner Mutter bei der Pflege seines schwerkranken Vaters (der am 24. 8. 1944 starb) behilflich. Am 10. 8. 1944 begab er sich zu seinem Mädchen nach Neumarkt bei Salzburg, wo er am 18. 8. festgenommen wurde.«

Das Wenige, das wir über einen Kriegsdienstverweigerer oder Deserteur wissen, steht auf dem Papier des Kriegsgerichtes: Egon GOLLNER war kein Mitglied der NSDAP.

Er hatte keine gerichtlichen Vorstrafen. Es mangelte ihm jedoch an Autoritätshörigkeit und Disziplin, da er als Wehrmachtssoldat neunmal bestraft wurde, einmal wegen Nichtbefolgung eines Befehls.

Egon GOLLNER unterstand der Division 418 in Salzburg. Kommandeur und Gerichtsherr war Generalleutnant Otto Schönherr (vormals Offizier der k. u. k. Armee und des österreichischen Bundesheeres). Das Kriegsgericht der Division 418 amtierte im Justizgebäude am Rudolfsplatz, der unter der NS-Herrschaft den Namen des deutschnationalen Burschenschaftlers und Antisemiten Georg von Schönerer führte.

Als Ankläger fungierte Kriegsgerichtsrat Dr. Julius Poth, Jurist aus Salzburg. Richter war Kriegsgerichtsrat Dr. Erich Peyrer-Heimstätt, ebenfalls Jurist aus Salzburg. Am 21. September 1944 fällte das Kriegsgericht der Division 418 »Im Namen des Deutschen Volkes!« sein Urteil über Egon GOLLNER wegen »unerlaubter Entfernung von der Truppe«: 15 Monaten Gefängnis und Verlust des Dienstranges.

Das Kalkül, das hinter dem vermeintlich milden Strafurteil steckt, kommt in der »Verfügung« des Gerichtsherrn Otto Schönherr vom 24. September 1944 zum Vorschein: »Ich bestätige das Urteil. Von der erkannten Strafe sind 3 Wochen als geschärfter Arrest sofort zu vollstrecken. Die Vollstreckung der Reststrafe wird bis Kriegsende ausgesetzt, um dem Verurteilten Gelegenheit zur Bewährung vor dem Feinde zu geben.«

Die von der Wehrmacht aufgestellten Straf- und Bewährungseinheiten wurden zum Bunker- und Stellungsbau, zur Minenräumung und Leichenbergung an der »Ostfront« eingesetzt. Die deutsche »Ostfront« verlief jedoch mittlerweile nicht mehr in der Sowjetunion, sondern in Polen.

Über Egon GOLLNERS Strafeinsatz in den letzten Kriegsmonaten ist nichts Näheres bekannt. Gewiss ist nur, dass er den Krieg nicht überstand. Am 9. März 1945 starb Egon GOLLNER 26-jährig im polnischen Ort Roztropice (deutsch Rostropitz). Egons Geschwister und ihre Mutter Anna überstanden die Terrorjahre.

Quellen

  • Urteil des Kriegsgerichtes und Verfügung des Gerichtsherrn der Division 418
  • Stadt- und Landesarchiv Salzburg
  • Archiv der Erzdiözese Salzburg
Autor: Gert Kerschbaumer
Recherche: Esche Schörghofer

Stolperstein
verlegt am 25.09.2019 in Salzburg, Fürbergstraße 36

<p>HIER WOHNTE<br />
EGON GOLLNER<br />
JG. 1918<br />
DESERTIERT JULI 1944<br />
VERHAFTET AUG. 1944<br />
„FRONTBEWÄHRUNG“<br />
TOT 9. 3. 1945</p>
Das Symbol der NS-Zivil- und Militärjustiz: Richtschwert mit Parteiadler und Hakenkreuz Urteil des Kriegsgerichtes der Division 418 Verfügung des Gerichtsherrn der Division 418

Alle Stolpersteine: Fürbergstraße 36