Anna POLLAK, geboren am 28. Dezember 1873 in Salzburg, war eine Tochter des Ehepaares Adolf (Aron) und Katharina POLLAK: Juden, die sich nach 1867 – nach der Beseitigung des Aufenthaltsverbotes durch das Staatsgrundgesetz – in Salzburg ansiedelten.
Wie aus der Meldekartei hervorgeht, wohnten die Eltern und ihre neun Kinder, davon sechs in Salzburg geboren, seit 1887 im Parterre des Hauses Rainerstraße 4 (vormals Westbahnstraße).
Das Geschäft der Eltern, die in Salzburg gestorben waren, führte ihre ledige Tochter Anna bis zur »Reichspogromnacht«.
In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 wurde die Trödlerei und Weißnäherei von SA-Leuten verwüstet und geplündert (siehe Foto mit der Jüdin, die gerade vor ihrem Geschäft ihre Utensilien aufsammelt, und zwei Gafferinnen).
Anna POLLAK, die hier 65 Jahre lebte, wurde noch im November 1938 nach Wien vertrieben, wohnte zuletzt im 2. Wiener Bezirk, Ferdinandstraße 18/13, in einer »Sammelwohnung« mit mehreren Parteien, die zur Deportation bestimmt waren.
Die 68-jährige Anna POLLAK wurde am 28. Juli 1942 – im »Transport 34« die ebenfalls aus Salzburg vertriebene Amalie ROSENFELD – nach Theresienstadt und am 21. September 1942 – im »Transport Bp« wieder gemeinsam mit Amalie ROSENFELD und außerdem mit Annas Cousine Anna STUCHLY1 – nach Treblinka deportiert, dort ermordet2.
Das Grab ihrer Eltern Adolf (Aron) und Katharina POLLAK und ihres Bruders Samuel befindet sich auf dem jüdischen Friedhof in Aigen. Ihr Bruder Rudolf, Hauptschuldirektor in Wien, starb 1937 (Feuerhalle Simmering).
Ihr Bruder Jakob wurde in Theresienstadt ermordet. Die Schicksale ihrer Geschwister Ludwig, Sali, Netti, Theresia, Raphael und Emma sind noch ungeklärt.
1 Annas Cousine Anna POLLAK, geboren 16. Dezember 1872 in Salzburg, verehelichte STUCHLY, war die Tochter von Albert (Abraham) und Karoline POLLAK, eine jüdische Familie, die im Haus Rainerstraße 2 (Faberhaus) wohnte.
2 Adolf Eichmann erhielt am 11. Jänner 1943 einen verschlüsselten Funkspruch des SS-Sturmbannführers Hermann Höfle mit den Zahlen der bis Jahresende 1942 in Lublin-Majdanek, Sobibor, Belzec und Treblinka ermordeten Juden: »… zusammen 1274166«.
Der vom britischen Geheimdienst entschlüsselte und unter Verschluss gehaltene Funkspruch wurde erst im Jahr 2000 freigegeben. Hierauf kam die Rolle des Salzburgers Hermann Höfle wieder zur Sprache (Peter Witte, Stephen Tyas: A new Document on the Deportation and Murder of Jews during ‚Einsatz Reinhard’ 1942, in: Holocaust and Genocide Studies 15/3, pp. 468-486).
Der am 19. Juni 1911 in Itzling (einst Gemeinde Gnigl) geborene Hermann Höfle war Mechaniker und Chauffeur in Salzburg, im November 1938 aktiv Beteiligter am Pogrom, auch Nutznießer der Vertreibung Salzburger Juden (die von Adolf JACOBY geräumte Wohnung im Haus Hubert Sattler-Gasse 13 war bis 1946 von der Familie Höfle besetzt) und während des Vernichtungskrieges »Judenreferent« im Stabe des Höheren SS- und Polizeiführers Odilo Globocnik, in dieser Funktion Organisator der »Aktion Reinhard«, somit einer der Hauptverantwortlichen der Judenvernichtung im »Generalgouvernement«.
Hermann Höfle, der im Jahr 1947 zu seiner Familie nach Salzburg zurückkehrte und zuletzt in Parsch lebte, sollte sich im Zuge des Eichmann-Prozesses seiner Verantwortung für die Shoah stellen: Höfle erhängte sich am 21. August 1962 in seiner Gefängniszelle in Wien (siehe: Winfried R. Garscha: Das Scheitern des »kleinen Eichmann-Prozesses« in Österreich).
Stolperstein
verlegt am 28.08.2008 in Salzburg, Rainerstraße 4