Anna SCHÖNBACHER, geborene Stöckl, am 16. Oktober 1901 in Sankt Michael im Lungau geboren und katholisch getauft, war Landarbeiterin, als sie im April 1933 in der steirischen Gemeinde Deutschfeistritz den Pferdeknecht Andreas Schönbacher heiratete. Das Ehepaar hatte einen Sohn.

Unter dem NS-Regime übersiedelte die Familie nach Salzburg. Sie wohnte seit August 1939 im Haus Griesgasse 15.
Ihr gemeinsames Leben war hier aber von kurzer Dauer, da der Ehemann zur deutschen Wehrmacht einrücken musste und in den Kriegsjahren nur auf Fronturlaub nach Hause kommen konnte. Die Ehefrau erwartete jedenfalls ein weiteres Kind.

Anna SCHÖNBACHER war bereits schwanger, als sie von ihrer Freundin Elsa Gamper, die des Öftern bei ihr nächtigte, wegen Abhörens des verbotenen Radiosenders BBC London angezeigt wurde.

Bekannt ist überdies, dass die denunzierte Frau am 24. November 1943 von der Gestapo verhaftet, von Georg König (»Gestapo-König«)1 verhört und misshandelt wurde.
Einem Polizeibericht ist zu entnehmen, dass die schwangere Frau eine Fehlgeburt erlitt, Blutungen hatte, worauf ihre Gebärmutter im Krankenhaus entfernt werden musste. Anschließend wurde sie in das Gefangenenhaus des Landesgerichtes überstellt.

Dort geriet die Frau, die weder vorbestraft war, noch einer verbotenen Partei angehörte, in die Maschinerie der politischen Justiz. Die Anklagebehörde des Volksgerichtshofes delegierte die Strafsache an das Oberlandesgericht Wien. Dessen 7. Senat unter dem Vorsitz von Dr. Alois Lindermann verurteilte Anna SCHÖNBACHER am 23. Juni 1944 in Salzburg wegen »Abhörens und Verbreitens von Feindnachrichten« und obendrein wegen »Wehrkraftzersetzung« zu zwölf Jahren Zuchthaus – ein hohes Strafmaß, dem eine Denunziation zugrunde lag.

Im bayrischen Zuchthaus Aichach erhielt Anna SCHÖNBACHER die Mitteilung, dass ihr Ehemann für »Führer, Volk und Vaterland« gefallen sei.

Im Mai 1945 erlebte sie die Befreiung durch US-Truppen, worauf sie ihren mittlerweile 10-jährigen Sohn, der die Haftzeit seiner Mutter in einem Kinderheim verbringen musste, in Salzburg wiedersehen konnte.
Die beiden verließen Salzburg in den 1950er Jahren, emigrierten in die Schweiz.

Recherchen ergaben noch, dass Frau SCHÖNBACHER im befreiten Österreich als politisches Opfer anerkannt wurde und somit Anspruch auf Opferrente hatte.

1 Salzburger Nachrichten 23. Juni 1945, S. 1: »Gestapo-König verhaftet (…) König war vor allem gefürchtet wegen der rohen Behandlung, die er den Gefangenen gegenüber anwandte. Um Geständnisse zu erpressen, griff er zu furchtbaren Martern und Torturen. Er trat sie mit Füßen, brach ihnen Zähne aus und ließ sie über eine Bank schnallen und prügeln. Ja noch mehr, er strangulierte viele der Einvernommenen und hielt ihnen einen Spiegel vor. Diese Grausamkeiten führte er in einem Kellergewölbe durch, damit die Schreie der gequälten Opfer nicht gehört werden konnten. Doch kein Verbrecher kann der gerechten Strafe entgehen. Auch König nicht. (…)«

Georg König, geb. 19. September 1913 in Wien-Alsergrund, Sohn einer Dienstmagd aus Salzburg, war 1933/34 in Salzburg zweimal in Haft, flüchtete nach Deutschland (1934 in Salzburg ausgebürgert), kehrte 1938 nach Österreich zurück, war SS-Untersturmführer (Nr. 188.288), Polizeibeamter in Lienz und seit Jänner 1943 in der Gestapo-Stelle Salzburg (Leiter Dr. Hubert Hueber) als Kriminaloberassistent tätig, unter anderem für die Liquidierung von Zwangsarbeitern, von Deserteuren und Fluchthelfern verantwortlich. Er wurde im Juni 1945 bei Radstadt verhaftet, im US-Lager Glasenbach (Camp M. W. Orr) interniert.
Sein Name steht auf der »ersten Salzburger Kriegsverbrecherliste«. König hätte sich gemäß der Anzeige der Bundespolizeidirektion Salzburg im Jahr 1947 nach dem österreichischen Kriegsverbrechergesetz verantworten müssen. Es gelang ihm jedoch, aus einem US-Lager (vermutlich USDIC: US Detailed Interrogation Center in Gmunden) zu flüchten und in Deutschland unterzutauchen. Bekannt ist noch, dass er in Köln unter falschem Namen gemeldet war, 1947 verhaftet werden konnte und wegen Entweichens aus der Internierung und wegen Urkundenfälschung zu neun Wochen Gefängnis verurteilt wurde.
1957 wurde er abermals in Köln vor Gericht gestellt: zwei Jahre und sechs Monate Haft wegen Aussageerpressung und anderer Delikte (Strafe durch U-Haft verbüßt). In Österreich wurde Georg König zu keiner Zeit wegen Kriegsverbrechen verurteilt. Er starb 1988 in Köln (angeblich Suizid).

Quellen

  • Stadt- und Landesarchiv Salzburg
  • Dossier Gestapo-König (Gernod Fuchs)
  • NS-Dokumentationszentrum Köln (Dr. Thomas Roth)
Autor: Gert Kerschbaumer

Stolperstein
verlegt am 25.09.2019 in Salzburg, Griesgasse 15

<p>HIER WOHNTE<br />
ANNA SCHÖNBACHER<br />
GEB. STÖCKL<br />
JG. 1901<br />
IM WIDERSTAND<br />
GESTAPO HAFT NOV. 1943<br />
SCHWANGER, MISSHANDELT, FEHLGEBURT<br />
ÜBERLEBT</p>
Salzburger Nachrichten 23. Juni 1945, Seite 1

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