Ludwig Franz SCHÖNWALD, geboren am 30. Juli 1890 in Wien, war der jüngere von zwei Söhnen des Ehepaares Debora, geborene Marek, und Leopold Schönwald.
Ludwigs Vater war Jude, seine Mutter ist vor ihrer Trauung dem jüdischen Glauben beigetreten. Sein älterer Bruder Friedrich erkrankte während seines Studiums der Rechtswissenschaften und starb 20-jährig im Jahr 1909, bestattet in der israelitischen Abteilung des Wiener Zentralfriedhofs.

Ludwig Franz SCHÖNWALD studierte Philosophie an der Universität Wien, dissertierte über das Thema »Das Interesse an der Kant’schen Philosophie und das Eindringen seiner Ideen nach Österreich im josephinischen und franziszeischen Zeitalter« und promovierte am 6. Juli 1914 zum Doktor der Philosophie. Er war fortan im In- und Ausland literarisch und journalistisch tätig.

Anfang 1928 heiratete er in London die am 12. Juli 1905 in Schlesien geborene Jüdin Isolde Pringsheim. Ihre Söhne Rudolf und Peter kamen 1928 bzw. 1929 in Hamburg zur Welt.
Die Familie Schönwald verließ Deutschland nach der Machtübernahme der Nazis und lebte seit September 1934 in Parsch bei Salzburg, Nesselthalergasse 6. Frau Isolde Schönwald steht als Hauseigentümerin im Grundbuch.

Ihr älterer Sohn Rudolf hatte in Salzburg einen Volksschulkollegen, den in einem deutschnationalen Haus aufgewachsenen Gerhard Amanshauser, der sich als Schriftsteller in seiner 2001 erschienenen Autobiographie Als Barbar im Prater an seine Schulzeit erinnerte:

Mein Sitznachbar in der Nonntaler Volksschule hieß Rudi Schönwald. Wir verstanden uns ausgezeichnet, wobei mir damals nicht zu Bewusstsein kam, dass Schönwald eine jüdische Mutter hatte.
Es wäre unmöglich gewesen, ihn auf einem katholischen Turngelände anzutreffen. Es wäre auch undenkbar gewesen, dass er in unserem Garten eingeladen wurde. Im Sommer und in den Übergangszeiten gingen die Volksschüler barfuß. Nur Schönwald und ich kamen vornehm daher: wir trugen Schuhe.

Vor dem Jahr 1938 war die jüdische Herkunft der Familie Schönwald in Salzburg offensichtlich unbekannt. Eine Religionszugehörigkeit ist selbst im Melderegister nicht vermerkt.
Demnach war die Familie Schönwald während der österreichischen Diktatur noch keinen antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt.

Dies zeigt sich auch darin, dass Dr. Ludwig F. SCHÖNWALD seine Essays und Theaterkritiken in der Salzburger Chronik, einer katholischen und antijudaistischen Tageszeitung, publizieren konnte.
Außerdem sollte Dr. SCHÖNWALDs kulturhistorische Arbeit Spiel und Maske in Salzburg, vom Barock bis zu den Salzburger Festspielen im katholischen Verlag Anton Pustet erscheinen, was jedoch nach dem »Anschluss« Österreichs im März 1938 nicht zustande kam.

Im Juni 1938 verließ die Familie Schönwald Salzburg. Aus Erzählungen des Sohnes Rudolf Schönwald wissen wir, dass sein an Depressionen leidender Vater Anfang Jänner 1939 in Hamburg Suizid beging.
Der unter dem NS-Regime in den Tod getriebene Dr. Ludwig Franz SCHÖNWALD war 48 Jahre alt.
Sein Vater Leopold starb 85-jährig im Februar 1940 in Wien, bestattet in der israelitischen Abteilung des Zentralfriedhofs. Seine Mutter Debora lebte weiterhin in Wien, vorübergehend auch seine Frau Isolde und ihre noch minderjährigen Söhne Rudolf und Peter.
Am 26. Juli 1942 wurde Isolde Schönwalds 67-jährige Mutter Elisabeth, Witwe des Nationalökonomen Dr. Otto Pringsheim, von Breslau nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 14. September 1942 zu Tode kam.

1943 gelang es der Witwe Isolde Schönwald und ihren beiden Söhnen, in das vom NS-Regime noch nicht besetzte Ungarn zu flüchten. Gleich nach der Besetzung Ungarns im März 1944 wurde Isolde Schönwald verhaftet und mit den ersten Transporten ungarischer Jüdinnen und Juden nach Auschwitz deportiert, nach einem halben Jahr in das KZ Bergen-Belsen, weiter nach Neuengamme und in sein Außenlager Salzwedel transferiert.

Das am 14. April 1945 von der US-Armee befreite Zwangsarbeitslager Salzwedel überlebten rund 3.000 Frauen, darunter die 39-jährige Isolde Schönwald.
Sie konnte ihre Söhne Rudolf und Peter, 16- bzw. 15-jährig, die in ungarischen Lagern und Verstecken den Terror überstanden hatten, im befreiten Österreich wiedersehen.

Isolde Schönwalds Haus in Salzburg war nicht enteignet worden. Dort hatte sich allerdings im Jahr 1938 ein Oberzahlmeister der Heeresverwaltung einquartiert, im Kriegsjahr 1941 überdies der Komponist Cesar Bresgen mit seiner Familie.
Im Jahr 1955 verkaufte die in Wien lebende Frau Schönwald ihr Haus in Salzburg. Die ehemaligen Schulfreunde Rudolf Schönwald und Gerhard Amanshauser blieben einander verbunden:

»… Schönwald konnte hingegen hervorragend Aufsätze schreiben, und ich war gut im Zeichnen. Aber später schrieb ich die Aufsätze, und er überlebte glücklicherweise die Verfolgung und wurde Bildender Künstler«.
Als Barbar im Prater, 1978

Am 15. Februar 1980 erschien in der Wochenzeitung DIE ZEIT ein Artikel Paul Floras über den Künstler Rudolf Schönwald:

… GOKS ist ein Wiener Dialektausdruck für Unsinn, und GOKS als Person ist der Held einer Comic-Serie, die Rudolf Schönwald, als Zeichenprofessor an der Technischen Hochschule in Aachen im Exil lebend, ansonsten aber ein österreichischer (und auch preisgekrönter und überhaupt viel zu wenig bekannter) Meister der freien Graphik und der freien Rede, einstens für Günther Nennings Neues Forum in Wien erfunden hat.

Rudolf Schönwalds Mutter starb im März 1999 in Wien, sein Bruder Peter im Jahr 2011.

Quellen

  • Israelitische Kultusgemeinde Wien
  • Stadtarchiv Salzburg
  • Landesarchiv Salzburg
Autor: Gert Kerschbaumer

Stolperstein
verlegt am 19.08.2016 in Salzburg, Nesselthalergasse 6

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