Johann REITER, geboren am 28. Oktober 1898 in St. Georgen im Attergau, Bezirk Vöcklabruck, war konfessionslos, verheiratet, Vater einer Tochter und von Beruf Maurer, Angestellter der Stadtgemeinde Salzburg.
Die Familie wohnte seit 1930 im Block U/2 der Scherzhauserfeldsiedlung in Lehen, in einem Gemeindebau, der einst am nördlichen Stadtrand errichtet worden war.
Johann REITER war Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und ihres Republikanischen Schutzbundes, überdies Schutzbundführer seines Stadtteils. Im Februar 1934, nach Ausbruch der Kämpfe in Linz, gab in Salzburg der Leiter der Staatspolizei Viktor Ingomar aus Präventivgründen, wie es hieß, den Befehl zur Verhaftung sozialdemokratischer Funktionäre und zur Waffensuche in Parteiheimen und Wohnungen.
Auf einem Dachboden der Scherzhauserfeldsiedlung entdeckte die Polizei einige Waffen: fünf Gewehre, 125 Patronen, eine Leuchtpistole und eine Spitzhacke.
In der Wohnung des verhafteten Schutzbundführers Johann REITER konnte lediglich seine Schutzbundkappe beschlagnahmt werden. Er und seine Genossen, darunter die sozialdemokratischen Politiker Simon Abram, Karl Emminger, Heinz Kraupner, Georg Leitner, Franz Peyerl, Robert Preußler, Johann Wagner und Josef Witternigg, wurden nach dreimonatiger Haft aus dem Polizeigefängnis entlassen, weder angeklagt noch gerichtlich verurteilt, sondern fortan observiert.1
Johann REITER, der im Ersten Weltkrieg als Angehöriger der Kaiserschützen an der Front mit der Silbernen Tapferkeitsmedaille 1. Klasse ausgezeichnet wurde, war kein Pazifist, vielmehr Patriot und Antifaschist. Im September 1939, zu Beginn des Zweiten Weltkrieges, musste er zur Deutschen Wehrmacht in Wien einrücken.
Er verweigerte aber am 2. November 1939 den Befehl zum Einsatz in Polen und geriet darüber mit seinem Vorgesetzten in Streit, in dessen Verlauf der Gefreite Johann REITER und sein Zugführer ihre Waffen aufeinander richteten und schossen, wobei der Zugführer getötet wurde. Johann REITER wurde 41-jährig in Wien, damals Wehrkreis XVII, von einem Kriegsgericht der Division 177 zum Tode und Verlust der Wehrwürdigkeit verurteilt und am 25. Juli 1940 auf dem Militärschießplatz in Wien-Kagran erschossen.
Im Jänner 1944 starb seine verwitwete Frau Marie an Lungentuberkulose in Salzburg. Nach der Befreiung Österreichs wurde der von der NS-Militärjustiz hingerichtete Johann REITER als „Opfer des Kampfes um ein freies, demokratisches Österreich“ anerkannt, sodass seine verwaiste Tochter Hilde als Hinterbliebene Anspruch auf Opferfürsorge hatte.
1 Josef Franz Witternigg, Gemeinderat, starb 1937 an den Haftfolgen.
Simon Abram, Nationalrat, beging 1940 Suizid.
Robert Preußler, Landeshauptmann-Stellvertreter, starb 1942.
Karl Emminger, Landesleiter des Republikanischen Schutzbundes und Landesrat, starb 1944 an den Haftfolgen.
Johann Wagner, Bezirksleiter des Republikanischen Schutzbundes und Mitglied der Revolutionären Sozialisten, kam 1944 im Zuchthaus Bruchsal zu Tode.
Heinz Kraupner, Georg Leitner und Franz Peyerl überlebten die Terrorjahre.
Stolperstein
verlegt am 19.04.2013 in Salzburg, Thomas-Bernhard-Straße