Ferdinand KOWATSCH, geboren am 12. Februar 1912 in Graz und katholisch getauft, wurde am 15. April 1942 um 5 Uhr 30 auf dem Militärschießplatz in Glanegg bei Salzburg erschossen – Eckdaten eines 30-jährigen Lebens, das unter dem NS-Regime auf gewaltsame Weise endete, eine Opfergeschichte, die sich auf dürre Fakten beschränkt.

Recherchen ergaben immerhin, dass der gebürtige Steirer eine slowenische Mutter hatte, mit einer Slowenin verheiratet war, zuletzt in Judenburg lebte und als Tischler arbeitete, ehe er zur Deutschen Wehrmacht einberufen wurde.

Im Dunkeln liegen aber noch seine Kriegserfahrungen, die ihn zur Verweigerung und Fahnenflucht bewegten oder ermutigten.

Gewiss ist jedenfalls, dass sein Strafverfahren in Salzburg, Sitz des Wehrkreiskommandos XVIII, stattfand und dass seine Ehefrau seit April 1942 in Salzburg wohnte, um ihrem Mann nahe zu sein, ihm beizustehen und Hoffnung zu geben: Doch Ferdinand KOWATSCH, Angehöriger des Gebirgs-Pionier-Ersatz-Bataillons 82, wurde von einem Kriegsgericht der Division Nr. 188 wegen Fahnenflucht zum Tode verurteilt und nicht wie erhofft begnadigt.

Während des Zweiten Weltkrieges amtierten Kriegsgerichte der Divisionen Nr. 188 und Nr. 418 im Gebäude des Salzburger Landesgerichts am Rudolfsplatz, der unter dem NS-Regime den Namen eines prominenten deutschnationalen Burschenschafters und Antisemiten führte: Georg von Schönerer.

Bekannt ist noch, dass dort zwei Salzburger Richter als »Kriegsgerichtsäte« der Wehrmachtsjustiz fungierten: Dr. Julius Poth und Dr. Ferdinand Voggenberger – spärliches Wissen über die Täterseite, die ihre Spuren sorgsam zu verwischen verstand.

Es heißt, dass die am Landesgericht angefallenen Kriegsgerichtsakten entweder vernichtet oder ausgelagert worden seien. Weitgehend unerforscht sind jedenfalls die in Salzburg durch Kriegsgerichte gefällten, in Glanegg oder München-Stadelheim vollstreckten Todesurteile.

Mangels Kriegsgerichts- und Opferfürsorgeakten lässt sich die Identität eines Opfers aus dem Wehrkreis XVIII, zu dem Salzburg, Tirol, Vorarlberg, Kärnten und die Steiermark gehörten, nur bei Vorliegen eines konkreten Hinweises durch gezielte Recherchen klären1.

Vergeblich ist aber die Suche nach den Gräbern der Wehrmachtsdeserteure und anderer Terroropfer, weil diese ehr- und namenlos gemacht und daher anonym bestattet wurden – in der »Gruft der Vergessenen«, wie das anonyme Gräber- und Urnenfeld auf dem Kommunalfriedhof über das Befreiungsjahr 1945 hinaus hieß, womit die Machthaber, Gestapo und Kriegsjustiz, ihr Ziel erreicht hatten, jegliche Terrorspur auszulöschen und Totenehrungen durch Hinterbliebene zu unterbinden.

Hinzu kommt, dass Wehrmachtsdeserteure im befreiten Österreich mangels nachweisbarer politischer Motive nicht als »Opfer des Kampfes um ein freies, demokratisches Österreich« anerkannt wurden. Daher hatte auch die eine Zeit lang in Salzburg als Schweißerin arbeitende Witwe des hingerichteten Deserteurs Ferdinand KOWATSCH keinen Anspruch auf Opferfürsorge und Rente.

Es dauerte Jahrzehnte, bis die Wehrmachtsdeserteure in Österreich gesetzlich rehabilitiert wurden – mit dem am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen Aufhebungs- und Rehabilitationsgesetz des Nationalrats.

Beachtenswert ist noch, dass das Militärkommando Salzburg auf Anregung der Landeshauptfrau Gabi Burgstaller am 30. September 2011 in Glanegg einen Gedenkstein für die exekutierten Kriegsdienstverweigerer und Deserteure – allerdings namenlos, weil überwiegend unbekannt – aufstellen ließ.

Ferdinand KOWATSCH zählt zu den in Salzburg ehr- und namenlos gemachten Opfern der Kriegsjustiz, die weder im Polizeimelderegister der Stadt Salzburg als Einwohner noch in der 1991 publizierten Dokumentation Widerstand und Verfolgung in Salzburg 1934-1945 aufscheinen, ebenso wenig in der elektronischen Opferdatei des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstandes (DÖW).

1 Nach bisherigen Recherchen wurden folgende Kriegsdienstverweigerer und Deserteure in Salzburg zum Tode verurteilt und in Glanegg oder München-Stadelheim hingerichtet: Johann PICHLER und Josef WEGSCHEIDER (beide Zeugen Jehovas), Friedrich KOWATSCH, Karl REITMAIER, Walter BRAUNWIESER, Georg PRODINGER, Ernst PICKL, Franz Baumgartner, Johann Friembichler, Rudolf Gehringer, Wilhelm Groiss, Georg Kößner, Jakob Maier, Felix Niesewendt und Johann Sevignani.
Der Todesort des verurteilten Deserteurs Anton Steininger aus Uttendorf ist bislang unbekannt.
Der ebenfalls in Salzburg zum Tode verurteilte Deserteur Richard Pfeiffenberger aus Goldegg ist in einer Strafeinheit zu Tode gekommen.

Quellen

  • Stadt- und Landesarchiv Salzburg
  • Wehrmachtsauskunftstelle (WASt)
Autor: Gert Kerschbaumer

Stolperstein
verlegt am 28.09.2017 in Salzburg, Rudolfsplatz 2

<p>FERDINAND KOWATSCH<br />
JG. 1912<br />
KRIEGSDIENST VERWEIGERT<br />
14.4.1942 ZUM TODE VERURTEILT<br />
ERSCHOSSEN 15.4.1942<br />
GLANEGG BEI SALZBURG</p>
Das Symbol der NS-Zivil- und Militärjustiz: Richtschwert mit Parteiadler und Hakenkreuz »Gruft der Vergessenen«
Foto: Friedhofsverwaltung Salzburg Gedenktafel am Salzburger Landesgericht
Foto: Gert Kerschbaumer

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