Karl REITMAIER, am 26. Juni 1913 in Linz geboren und katholisch getauft, war ein Sohn des Ehepaares Juliana, geborene Nindl, und Karl Reitmaier, der Hilfsarbeiter war.
Die Familie lebte seit den 1920er-Jahren in Salzburg, zuletzt im Stadtteil Itzling. Karls Mutter Juliana starb hier Anfang der 1930er-Jahre.
Ihr Sohn Karl, der in Salzburg das Schneiderhandwerk erlernte, geriet schon als junger Mann mit dem Gesetz in Konflikt. Er beging Diebstähle. Nach seiner Haftstrafe wohnte er wieder bei seinem Vater, der in Salzburg als Hausdiener arbeitete.
Im Kriegsjahr 1940 musste Karl REITMAIER zur Deutschen Wehrmacht einrücken. Er war Angehöriger der 15. Kompanie des Gebirgsjäger-Regiments 143, das der 6. Gebirgs-Division unterstand und seit Herbst 1941 in Finnland, Lappland und Norwegen zum Kriegseinsatz kam.
Sein gewaltsames Ende lässt sich anhand einer Meldung über »Kriegsverluste« rekonstruieren: »Schütze« Karl REITMAIER desertierte während eines Heimaturlaubs im Frühjahr 1942. Er verweigerte somit weitere Fronteinsätze im nationalsozialistischen Angriffs- und Vernichtungskrieg.
Es gelang ihm, einige Wochen in Salzburg unterzutauchen. Er beging aber in seiner Notsituation einen Einbruch, wobei ihn die Polizei festnehmen konnte.
Karl REITMAIER wurde daraufhin von einem Kriegsgericht am Landesgericht Salzburg wegen »Fahnenflucht« zum Tode verurteilt und 29-jährig am 27. Juni 1942 auf dem Militärschießplatz in Glanegg bei Salzburg erschossen.
Sein Leichnam wurde auf dem Kommunalfriedhof der Stadt Salzburg anonym beerdigt. Danach erhielt sein Vater eine Nachricht über den »Kriegsverlust«.
Die Kriegsrichter, die am Landesgericht Salzburg Todesurteile fällten, sind zumeist unbekannt, weil sie ihre Akten gegen Kriegsende großteils vernichten konnten.
Die Aktenvernichtung hat allerdings zur Folge, dass auch die meisten Opfer der Kriegsjustiz, darunter Karl REITMAIER, in der 1991 publizierten Dokumentation Widerstand und Verfolgung in Salzburg 1934–1945 nicht aufscheinen.
Festzuhalten ist ebenso, dass Deserteure der Deutschen Wehrmacht im befreiten Österreich nicht als »Opfer des Kampfes um ein freies, demokratisches Österreich« anerkannt wurden.
Nach der Befreiung Österreichs dauerte es noch Jahrzehnte, bis die Deserteure rehabilitiert wurden: mit dem am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen Aufhebungs- und Rehabilitationsgesetz des österreichischen Nationalrats.
Der für Karl REITMAIER verlegte »Stolperstein« ist der erste in Österreich für einen Deserteur der Deutschen Wehrmacht.
Quellen
- Archive der Diözese Linz und der Erzdiözese Salzburg (Matriken)
- Stadt- und Landesarchiv (Melderegister)
- 6. Gebirgs-Division, Gebirgsjäger-Regiment 143 (Meldung Kriegsverluste)
Stolperstein
verlegt am 22.03.2012 in Salzburg, Plainstraße 74