Arnold ROSÉ, geboren am 22. Oktober 1863 in der rumänischen Stadt Jassy, war der dritte von vier Söhnen des jüdischen Ehepaares Marie und Hermann Rosenblum, Kutschenbauer von Beruf. In den 1860er Jahren übersiedelte die Familie nach Wien, Haupt- und Residenzstadt des Habsburgerreiches.

Die Eltern Marie und Hermann Rosé (Namensänderung 1899) starben noch während der Monarchie 1905 beziehungsweise 1914, bestattet in der israelitischen Abteilung Tor 1 des Wiener Zentralfriedhofs.

1891, also noch zu Lebzeiten der Eltern, konvertierten die Brüder Alexander, Eduard, Arnold und Berthold in Wien zum evangelischen Glauben (Helvetisches Bekenntnis). Mit ihrem Glaubenswechsel ließ sich ein Karrierehemmnis, aber nicht der Antisemitismus aus der Welt schaffen.

Am 10. März 1902 heirateten Arnold ROSÉ und Justine Mahler, eine Schwester des Komponisten und Hofoperndirektors Gustav Mahler, in der Reformierten Stadtkirche, 1. Bezirk, Dorotheergasse. Das Ehepaar hatte zwei Kinder: Alfred, geboren am 11. Dezember 1902, und Alma, geboren am 3. November 1906, beide evangelisch getauft.

Die musikalische Karriere des Arnold ROSÉ ist hinlänglich bekannt: Violinist, Konzertmeister des Hofopernorchesters, Mitglied der Wiener Philharmoniker, Professor am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde und an der Wiener Musikakademie, Gründer und Primgeiger des international renommierten Rosé-Quartetts (Uraufführungen von Werken Erich Wolfgang Korngolds, Arnold Schönbergs und Anton Weberns).

Arnold ROSÉ war Mitwirkender beim ersten Cercle-Konzert, das die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde zugunsten ihres Baufonds am 31. Jänner 1920 im Wiener Stadtpalais des Prinzen Eugen veranstaltete.

Salzburg konnte Arnold ROSÉ erstmals im Festspielsommer 1922 kennenlernen: als Konzertmeister der Wiener Philharmoniker in den Aufführungen von vier Mozart-Opern unter dem Dirigenten Richard Strauss und als Primgeiger des Rosé-Quartetts in zwei Matineen am 14. und 16. August im Großen Saal des Mozarteums (beide Matineen sind in den Annalen der Salzburger Festspiele nicht verzeichnet).

In den Festspielsommern 1922, 1925, 1926, 1930, 1935 und 1936 war das Rosé-Quartett mit insgesamt neun Kammerkonzerten im Mozarteum vertreten. Das Konzert des Rosé-Quartetts, das am 14. August 1930 im Mozarteum stattfand, wurde von der Internationalen Stiftung Mozarteum im Rahmen der Salzburger Festspiele veranstaltet.

Das letzte Konzert des Rosé-Quartetts am 30. August 1936, Sonntagvormittag, brachte eine unerwartete Überraschung: eine Frau, Alma ROSÉ, die Tochter des Primgeigers, verjüngte die Besetzung des »altehrwürdigen« Rosé-Quartetts.

Da aber die Salzburger Festspiele keine Programmzettel für ihr letztes Konzert anbieten konnten, ließen sie ihr Publikum über die Musikstücke und Interpreten in Unkenntnis, wie ein Kritiker bemängelte:

Durch irgendeine unzulängliche Organisation gab es keine Programme. Man war daher auf eine Ansage angewiesen. Dabei mußte man sich freilich vor allem auf die Werkkenntnis verlassen. Auch die Namen der Ausführenden blieben dem Publikum dadurch vorenthalten. (…)
Das bekannte Töchterchen Alma, die elegante und virtuose Geigerin, ergänzt das Quartett der Herren Rosé, Stwertka, Fischer und Buxbaum. (…)
Die Wiedergabe dieser Meisterwerke löste natürlich helles Entzücken aus und man dankte dem »altehrwürdigen« Quartett für solch künstlerische, im Erfassen so tief reife Darstellung.

Salzburger Chronik, 31. August 1936, S. 8

Die 29-jährige Geigerin Alma Rosé und die 60 bis 72 Jahre alten Herren Arnold ROSÉ (Violine), Friedrich Buxbaum (Violoncello), Julius Stwertka (Viola) und Paul Fischer (Violine, Viola) spielten in ihrem Matineekonzert ausschließlich Werke von Mozart: Quintett in g-Moll (KV 516), Quintett in A-Dur (KV 581) und Quartett in Es-Dur (KV 428).

Es war der letzte fulminante Auftritt des Rosé-Quartetts in Salzburg.

Im März 1938 – ehe in Österreich die »Nürnberger Rassengesetze« in Kraft traten – wurde Arnold ROSÉ 74-jährig aus dem Orchester der Wiener Staatsoper und Philharmoniker vertrieben. Da versuchte ROSÉ noch ironisch, seine Befindlichkeit in Worte zu fassen:

Wie Sie richtig vermuten, bin ich nach 57 Jahren Oper, 56 Jahren Quartett und 44 Jahren Hofmusikkapelle in den Ruhestand versunken, ohne Sang und Klang.

Dann starb seine Ehefrau Justine 69-jährig im nationalsozialistischen Wien. Am 24. August 1938 erschien in der Neuen Freien Presse eine Todesanzeige mit vorangestelltem Christuskreuz:

Allen Freunden und Bekannten teilen wir mit, daß unsere innigst geliebte Gattin und Mutter Justine Rosé-Mahler am 22. August 1938 von langem, schwerem Leiden sanft erlöst wurde.
Arnold Rosé / Alfred und Maria Rosé / Alma Rosé

Arnold ROSÉs Sohn Alfred und Schwiegertochter Maria gelangten im Herbst 1938 problemlos in die USA. Alma Rosé, die dank ihres tschechischen Passes noch frei reisen durfte, ergriff die Initiative zur Flucht ihres in Wien unter schweren Depressionen leidenden Vaters Arnold. Der 75-Jährige erreichte am 1. Mai 1939 seinen Exilort London.

Arnold ROSÉ war jedoch in großer Sorge um seine Tochter Alma, die seit Mai 1940 im besetzten Holland festsaß, und überdies um seinen Bruder Eduard, der nach der Flucht seiner beiden Söhne in die USA allein im nationalsozialistischen Deutschland zurückblieb.

Arnold ROSÉ erfuhr aber erst nach Kriegsende vom Tod seines älteren Bruders Eduard im KZ Theresienstadt und vom Tod seiner Tochter Alma in Auschwitz.

Er erlitt daraufhin einen schweren Herzanfall und starb 82-jährig am 25. August 1946 in London.

Quellen

  • Israelitische Kultusgemeinde Wien
  • Archiv der Salzburger Festspiele
  • Österreichisches Biographisches Lexikon
  • Richard Newman: Alma Rosé, Wien 1906 – Auschwitz 1944. Eine Biografie, Bonn 2003
  • Bernadette Mayrhofer, Fritz Trümpi: Orchestrierte Vertreibung. Unerwünschte Wiener Philharmoniker. Verfolgung, Ermordung und Exil, Wien 2014
Autor: Gert Kerschbaumer

Stolperstein
verlegt am 17.08.2020 in Salzburg, Max-Reinhardt-Platz

<p>HIER WIRKTE<br />
ARNOLD ROSÉ<br />
JG. 1863<br />
VIOLINIST<br />
FLUCHT 1939<br />
ENGLAND</p>
Alma und Arnold Rosé, Datum unbekannt
Foto: Gustav Mahler–Alfred Rosé Collection, Music Library, Western University, London, Canada Arnold und Alma Rosé nach ihrer Flucht aus Wien
Foto: Gustav Mahler–Alfred Rosé Collection, Music Library, Western University, London, Canada

Alle Stolpersteine: Max-Reinhardt-Platz